Befragungsergebnisse Corona-Pandemie

Darmstadt in der Corona-Pandemie

Im Juni 2020 wollten wir von den Bürgerpanel-Teilnehmenden wissen, wie sich ihr Alltag, Arbeits- und Einkaufsverhalten mit der Corona-Pandemie verändert hat. Außerdem haben wir Fragen zu nachhaltigen Ideen (einem lokalen Online-Shop bzw. lokalen Radlieferdienst und Gemeinschaftsbüros in der Region), die bereits Thema früherer Bürgerpanel-Befragungen waren, noch einmal gestellt. Damit wollten wir herausfinden, wie die Teilnehmenden diese Ideen inzwischen bewerten. Das heißt: ein Teil der Befragung richtete sich an alle, die im Sommer 2020 daran teilnahmen (730 Personen). Ein weiterer Teil konzentrierte sich auf die Personen, die außerdem an den früheren Befragungen zum lokalen Online-Shop (im April 2019; 362 Personen) oder zu Gemeinschaftsbüros (im Februar 2020; 563 Personen) teilgenommen hatten (s. Grafiken).
Wir bedanken uns sehr herzlich, dass Sie auch in diesen schwierigen Zeiten Ihre Meinung mit uns geteilt haben!

Teilnehmende

  • 364 Frauen
  • 291 Männer
  • 2 Personen: divers
  • 73 Personen: ohne Geschlechtsangabe
  • Altersdurchschnitt: 48 Jahre
  • Altersspanne: 18-83 Jahre

Alltag in der Corona-Pandemie

Zunächst haben wir die Teilnehmenden um eine allgemeine Einschätzung zu unterschiedlichen Aspekten ihres Alltags in der Corona-Pandemie gebeten (z.B. Mobilität, soziale Kontakte, Wohnung). Dabei zeigte sich, dass die große Mehrheit der Teilnehmenden (80,4%) einen geringeren Bewegungsradius im Alltag angab. Auch den Zeitaufwand für Wegstrecken nahm die Hälfte der Teilnehmenden (50,5%) als verringert wahr, bei weiteren 45% blieb dieser jedoch unverändert. Sowohl mit der Ausstattung ihrer Wohnung, der Wohnfläche pro Haushaltsmitglied und den Merkmalen ihres Stadtviertels, als auch mit den sozialen Kontakten in der Nachbarschaft waren die Teilnehmenden nach eigener Einschätzung im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Pandemie durchschnittlich leicht zufriedener. In Bezug auf persönliche soziale Kontakte gaben die Teilnehmenden nicht nur eine reduzierte Häufigkeit, sondern auch eine reduzierte Qualität an, während die Häufigkeit und Qualität digitaler/telefonischer Kontakte als leicht gestiegen eingeschätzt wurde. Die Teilnehmenden sahen es (im Juni 2020) außerdem als eher unwahrscheinlich an, sich selbst mit dem Corona-Virus zu infizieren, waren aber unentschieden in Bezug auf die Gefahr, die mit einer solchen Ansteckung einherginge.

Arbeitssituation in der Corona-Pandemie

Zum Zeitpunkt der Befragung (Juni 2020) waren etwas über zwei Drittel (69,9%) der 730 Teilnehmenden erwerbstätig. Diese Personen erhielten Fragen zu ihrer Arbeitssituation in der Corona-Pandemie und zu ihrer Einstellung gegenüber dem Arbeiten in einem Gemeinschaftsbüro. Dabei schätzten die Teilnehmenden ihre Konzentrationsfähigkeit sowie ihr erhaltenes Entgelt seit der Corona-Pandemie als reduziert ein. Das Ausmaß an Freizeit wurde hingegen als unverändert, der Arbeitsumfang als insgesamt leicht erhöht bewertet. Das kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass für viele Personen Pendelzeiten entfallen und dadurch –  trotz höherem Arbeitsaufwand – ein vergleichbares Maß an Freizeit bleibt.

Uns interessierte außerdem, wie sich für diejenigen, die aktuell im Homeoffice arbeiten, ihre Arbeitssituation verändert hatte. Den selbsteingeschätzten Arbeitsaufwand und die Produktivität im Homeoffice nahmen die Teilnehmenden als erhöht wahr. Gleichzeitig berichteten die Teilnehmenden Schwierigkeiten dabei, ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben zu finden. Die Meinung zu Homeoffice im Allgemeinen war (im Juni 2020) durchschnittlich positiv.

In der folgenden Grafik ist zu sehen, wie sich das Arbeiten am Arbeitsort mit der Pandemie verändert hat: Während im Februar noch fast 65% der erwerbstätigen Teilnehmenden an fünf Tagen pro Woche am Arbeitsort arbeiteten, traf das im Juni 2020 nur noch auf etwa 26% zu.

Wie in der folgenden Grafik zu sehen, nutzten während der Corona-Pandemie außerdem deutlich mehr Personen das Fahrrad für den Weg zur Arbeit und deutlich weniger Personen den ÖPNV. Die Anzahl der Personen, die zu Fuß oder mit dem Auto zur Arbeit kamen, veränderte sich hingegen nicht bedeutsam.

Während der Corona-Pandemie war den Teilnehmenden der Austausch mit Kolleg*innen sowie die Mitbestimmung über Raumtemperatur und Lichtverhältnisse durchschnittlich etwas weniger wichtig als noch wenige Monate zuvor. Der Austausch mit Kolleg*innen war den Teilnehmenden im Vergleich mit anderen zur Auswahl gestellten Merkmalen – wie z.B. der persönlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes – jedoch nach wie vor am wichtigsten.

Gemeinschaftsbüros in neuem Licht

In Bezug auf die Nutzung eines Gemeinschaftsbüros in der Region, um das Pendeln an den Arbeitsort zu vermeiden, wurde deutlich, dass während der Corona-Pandemie weniger Teilnehmende bereit waren, ein solches zu nutzen. Das kann teilweise auf die Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zurückgeführt werden. Gleichzeitig gaben die Teilnehmenden als Grund gegen das Interesse an einem Gemeinschaftsbüro aber auch eine sehr positive Meinung zum Arbeiten im Homeoffice an. Wenn Personen in einem Haushalt mit Kindern lebten, und wenn Personen einen akademischen Abschluss hatten, reduzierte sich ihre Nutzungsintention für ein Gemeinschaftsbüro während der Corona-Pandemie eher, als wenn diese beiden Punkte nicht zutrafen.

Allerdings sahen die Teilnehmenden im Juni 2020 einen deutlich größeren Vorteil des Gemeinschaftsbüros darin, sich durch das Arbeiten im Gemeinschaftsbüro weniger isoliert zu fühlen, als noch im Februar 2020. Außerdem sahen die Teilnehmenden eine deutlich geringere Schwierigkeit für die direkte Kommunikation mit ihren Kolleg*innen beim Arbeiten in einem Gemeinschaftsbüro. Womöglich konnten während der Corona-Pandemie bereits positive Erfahrungen mit digitalen Kommunikationsformaten gesammelt werden. Die Zeitersparnis wurde zu beiden Befragungszeitpunkten als größter Vorteil des Arbeitens in einem Gemeinschaftsbüro gegenüber dem Arbeiten am Arbeitsplatz (in Unternehmen oder Organisation) gewertet.

Einkaufsverhalten in der Corona-Pandemie

Außerdem wollten wir von den Teilnehmenden wissen, ob und wenn ja wie sich ihr Einkaufsverhalten während der Pandemie verändert hatte. Nach eigener Einschätzung kauften die Teilnehmenden während der Corona-Pandemie (im Juni 2020) seltener, dafür aber pro Einkauf mehr ein und planten ihre Einkäufe stärker. Dabei gaben sie auch an, verstärkt auf regionale Anbieter zurückzugreifen. Außerdem schätzten die Teilnehmenden, dass sie etwas häufiger auf die Umweltverträglichkeit von Produkten achteten als vor der Corona-Pandemie. Seltener würden Dinge gekauft, um sich selbst etwas Gutes zu tun, gleichzeitig konnten seltener uneingeschränkt alle gewünschten Produkte erworben werden.

Das Einkaufen im Internet bewerteten die Teilnehmenden zunehmend als attraktive Alternative zum Einkaufen mit dem Auto. Bücher und Zeitschriften wurden im Sommer 2020 im Vergleich zum April 2019 von mehr Teilnehmenden (2019: 8,3%; 2020: 21,0%) hauptsächlich im Internet bestellt. Bei Bekleidung und Schuhen zeigte sich ein ähnliches Bild: Auch diese Produkte bestellten mehr Teilnehmende hauptsächlich im Internet (2019: 14,6%; 2020: 26,2%). Diejenigen, die zum Einkaufen das Auto benutzten und sowohl im April 2019 als auch im Juni 2020 an der Befragung teilnahmen (153 Personen), beabsichtigten während der Corona-Pandemie deutlich weniger, das Einkaufen mit dem Auto zu reduzieren.

Lokaler Online-Shop & lokaler Lieferdienst im Vergleich

In der Befragung im April 2019 haben wir den Teilnehmenden noch das Konzept eines lokalen Online-Shops präsentiert. Inzwischen haben Forschende der Hochschulen Darmstadt und Frankfurt daraus das Konzept eines lokalen Lieferdienstes entwickelt. Kund*innen können dafür sowohl telefonisch als auch online Bestellungen bei teilnehmenden Händlern aufgeben. Die Produkte werden per Lastenfahrrad nach Hause geliefert. Zum Zeitpunkt dieser Befragung (Juni 2020) war das Projekt LieferradDA gerade gestartet. Entsprechend haben wir die Einschätzungen zu beiden Konzepten (lokaler Online-Shop & lokaler Lieferdienst) miteinander verglichen. Dabei ist zu beachten, dass der lokale Online-Shop vor der Corona-Pandemie (im April 2019), der lokale Lieferdienst in der Corona-Pandemie (Juni 2020) vorgestellt wurde. Unterschiede in der Bewertung beider Konzepte können daher nicht eindeutig auf die Unterschiedlichkeit der Konzepte zurückgeführt werden, sondern können auch mit der Pandemiesituation in Verbindung stehen.

Sowohl beim lokalen Online-Shop (April 2019) als auch beim lokalen Lieferdienst (Juni 2020) gaben die Teilnehmenden eine recht hohe Nutzungsintention an. Die Unterschiede zwischen den Einschätzungen der Konzepte sind in der folgenden Tabelle zu sehen. Dabei zeigen beide Konzepte – wenn auch unterschiedliche – Potenziale, nachhaltiges Verhalten zu fördern.

Fazit

Die Corona-Pandemie stellt auch Ideen, die bereits in Bürgerpanel-Befragungen vorgestellt wurden, vor neue Herausforderungen: Während teilweise Vorbehalte abgebaut werden konnten (z.B. bzgl. digitaler Kommunikation mit Kolleg*innen), werden andererseits Anpassungen nötig (z.B. Hygienekonzepte für Gemeinschaftsbüros) oder andere Alternativen gestärkt (z.B. Homeoffice). Das veränderte Einkaufsverhalten der Teilnehmenden während der Corona-Pandemie könnte als Ansatzpunkt genutzt werden, um dauerhaft einen nachhaltigeren Konsum zu stärken (z.B. durch Einkauf regionaler Produkte). Da während der Corona-Pandemie weniger Personen auf das Einkaufen mit dem Auto verzichten möchten oder können, stellt ein umweltfreundlicher Lieferdienst, wie wir ihn mit LieferradDA bereits in Darmstadt etabliert haben, eine vielversprechende Alternative dar.

Kontakt

Prof. Dr. Daniel Hanß
Dr. Helena Müller

Die Befragung in der Presse

Corona in Bürgerpanel-Umfrage
Beitrag in der SüWo (01.07.2020).

Wie zeigt sich Corona in Alltag, Arbeit und Konsum?
Beitrag der Schaderstiftung (30.06.2020).