Befragungsergebnisse Innovative Nahmobilität I

Unterwegs in Darmstadt und Umgebung

Von Ende November 2020 bis Anfang Januar 2021 lief unsere Befragung zur Mobilität in Darmstadt und Umgebung, an der sich 810 Personen beteiligt haben. Das ist ein neuer Rekord und wir danken allen herzlich für die zahlreiche Teilnahme! Die Befragung entstand in Zusammenarbeit mit dem s:ne Projekt zu innovativer Nahmobilität, das die Ergebnisse für die Entwicklung des „Darmstadt Vehicle“ (DaVe) nutzt – ein neues Verkehrsmittel, das den Teilnehmenden im Rahmen der Befragung vorgestellt wurde.

Teilnehmende

  • 422 Frauen
  • 350 Männer
  • 2 Personen: divers
  • 36 Personen: ohne Geschlechtsangabe
  • Altersdurchschnitt: 48 Jahre
  • Altersspanne: 19-84 Jahre

Das aktuelle Mobilitätsverhalten

Zunächst sollte ermittelt werden, wie die Teilnehmenden aktuell unterwegs sind. Dabei zeigte sich, dass knapp die Hälfte der Befragten (48,5%; unter gewöhnlichen Umständen) zwischen ihrem Wohn- und Arbeitsort pendelt, so dass die Verkehrsmittelnutzung auf dem Pendelweg für eine beachtliche Personenanzahl relevant ist. Bisher besitzt die Mehrheit der Teilnehmenden keine E-Bikes oder Lastenräder, sondern mehrheitlich Fahrräder und mindestens ein Auto. Für die längste Strecke eines typischen Tages sind die Teilnehmenden vor allem morgens unterwegs, wobei es sich für etwa drei Viertel (73,2%) bei dieser Strecke um den Arbeitsweg handelt. Die Wahl des Verkehrsmittels unterscheidet sich je nach Streckenlänge: Generell werden kürzere Strecken bis 10 km von der Hälfte der Teilnehmenden mit dem Fahrrad gefahren. Für längere Strecken wird das Auto etwas mehr als der ÖPNV genutzt. Strecken unter 5 km werden vergleichsweise häufig auch zu Fuß gegangen.

Was muss ein Verkehrsmittel können?

Um herauszufinden, was den Teilnehmenden bei einem Verkehrsmittel besonders wichtig ist und inwieweit gängige Verkehrsmittel (Auto, Fahrrad) diese Anforderungen schon erfüllen, haben wir die Teilnehmenden gefragt, welche Eigenschaften ein ideales Verkehrsmittel haben sollte (wieder in Bezug auf ihre längste Strecke an einem typischen Tag). Dabei waren den Teilnehmenden v.a. Flexibilität, Schnelligkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit wichtig. Diejenigen, die bei der Aussage „ein ideales Verkehrsmittel sollte umweltverträglich sein“ mindestens teils/teils angegeben hatten, wurden außerdem gebeten, weitere Nachhaltigkeitsaspekte zu bewerten. Dazu konnten 100 Punkte auf die in der folgenden Grafik gezeigten Merkmale vergeben werden. Dem Merkmal „Emissionsfreiheit während der Fahrt“ wurden durchschnittlich die meisten Punkte zugeordnet, gefolgt von – mit deutlichem Abstand – einer umweltverträglichen Herstellung. Die Auszeichnung durch ein Umweltsiegel (z.B. dem Blauen Engel) lag hier auf dem letzten Platz.

Als nächstes interessierte uns, wie die Teilnehmenden über Auto und Fahrrad als Verkehrsmittel für ihre längste Strecke am Tag denken. Diese Informationen haben wir mit der Angabe, wie wichtig den Teilnehmenden bestimmte Merkmale bei einem Verkehrsmittel sind, kombiniert. Daraus ergibt sich die Darstellung in der Tabelle. Die roten Daumen stehen für Nachteile des Verkehrsmittels – also Aspekte, die zwar durchschnittlich wichtig waren, aber von dem Verkehrsmittel nicht erfüllt werden. Die grünen Daumen zeigen die Punkte, die durchschnittlich sowohl als wichtig eingeschätzt wurden und gleichzeitig von dem Verkehrsmittel erfüllt werden.

Als Vorteile vom Autofahren auf der entsprechenden Strecke zeigen sich besonders Flexibilität, Schnelligkeit, Wetterunabhängigkeit und Komfort. Als nachteilig ergab sich allerdings, dass es weder umweltverträglich, noch günstig oder entspannend bewertet wurde. In Bezug auf das Fahrrad zeigte sich, dass Fahrradfahren von den Teilnehmenden auch als sehr flexibel eingeschätzt wurde, gleichzeitig – anders als beim Auto – aber auch als umweltverträglich und günstig. Nachteile waren hier, dass die Teilnehmenden Fahrradfahren als nicht sicher und auch nicht wetterunabhängig einschätzten. Auffallend ist, dass die Nachteile von Autos weitgehend den Vorteilen von Fahrrädern entsprechen und umgekehrt. Hier kann die Entwicklung eines neuen Verkehrsmittels ansetzen, indem sie die jeweiligen Vorteile beider Verkehrsmittel möglichst kombiniert.

Das Darmstadt Vehicle als alternatives Verkehrsmittel

Im letzten Teil der Befragung wollten wir herausfinden, wie die Teilnehmenden zum Konzept des „Darmstadt Vehicle (DaVe)“ stehen, das derzeit Forschende der Hochschule Darmstadt in Zusammenarbeit mit einem Industriepartner entwickeln. Es soll zwischen Fahrrad und Kleinwagen angesiedelt sein, emissionsfrei fahren, für eine Strecke bis 30 Kilometer optimiert und nach den Prinzipien einer kreislauforientierten Wirtschaft entwickelt werden. Damit das DaVe für die Teilnehmenden ein attraktives Verkehrsmittel darstellen würde, wünschten sie sich v.a. einen integrierten Diebstahlschutz, ausreichend Stauraum für Gepäck, eine gute Sichtbarkeit im Verkehr (z.B. durch helle Farbe, Reflektoren) und eine ergonomische Sitzposition.

In Bezug auf die gewünschte Höchstgeschwindigkeit zeigte sich ein recht ausgeglichenes Bild: Die meisten (36,4%) wünschten sich eine maximale Geschwindigkeit von 45 km/h, während jeweils etwa 27% entweder maximal 25 km/h oder mehr als 45 km/h als Höchstgeschwindigkeit bevorzugten. Ebenfalls uneindeutig fiel die Bewertung des gewünschten Witterungsschutzes für das neue Verkehrsmittel aus: Hier gaben etwas über die Hälfte der Teilnehmenden (51,1%) an, sich einen mittleren Witterungsschutz zu wünschen, 40% bevorzugten einen hohen Witterungsschutz. Bei der gewünschten Wegenutzung bestanden hingegen eindeutige Präferenzen: Fast zwei Drittel (62,4%) der Teilnehmenden wünschten sich, DaVe sowohl auf Radwegen als auch auf Straßen nutzen zu können. Dabei ist zu beachten, dass Radwege nur bis zu einer Geschwindigkeit von max. 25 km/h genutzt werden dürfen.

Insgesamt konnten sich 63,6% (476 Personen) grundsätzlich vorstellen, mindestens einen Teil ihrer längsten Strecke an einem typischen Tag mit einem DaVe zu fahren. Diese Nutzungsabsicht bestand in vergleichbarer Weise bei Personen unterschiedlichen Alters und Einkommens. Personen, die aus der Umgebung nach Darmstadt, innerhalb der Umgebung oder aus Darmstadt in die Umgebung fahren, zeigten eine deutlich höhere Nutzungsabsicht für DaVe als Personen, deren längste Strecke am Tag innerhalb Darmstadts verläuft. Das ist vielversprechend, denn: Während die Teilnehmenden für Strecken innerhalb Darmstadts vorrangig das Fahrrad nutzen, werden Strecken aus, nach und innerhalb der Umgebung v.a. mit Autos zurückgelegt (s. folgende Grafik). Wenn diese Strecken also stattdessen mit einem DaVe gefahren werden, lässt sich eine beachtliche Menge an Emissionen einsparen.

Um Näheres über das Interesse, ein DaVe zu nutzen, herauszufinden, wurden den Nutzungsinteressierten weitere Fragen zu DaVe gestellt. So wurde gefragt, wie sich die Teilnehmenden vorstellen könnten, ein DaVe zu erwerben bzw. zu nutzen. Wie in der folgenden Grafik zu sehen, gab fast die Hälfte dieser Teilnehmenden an, das DaVe in einem Sharing-Modell nutzen zu wollen. Ein DaVe zu einem Preis von ca. 10.000€ privat zu erwerben, bevorzugten hingegen nur 12,0%.

Als Zweck für die Nutzung von DaVe gaben die meisten nutzungsinteressierten Teilnehmenden (41,2%) an, damit ihren Arbeitsplatz erreichen zu wollen. Ein Viertel der Befragten würde das DaVe für Einkäufe, ein Sechstel für andere private Erledigungen nutzen wollen. Etwa zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie durch die Nutzung eines DaVe wesentlich weniger das Auto nutzen würden.

Fazit

Mit dem Auto und Fahrrad bestehen bereits zwei starke Konkurrenten für DaVe, die sich in ihren Vor- und Nachteilen jeweils ergänzen. Trotzdem zeigen viele Teilnehmende ein Interesse an DaVe als neuem Verkehrsmittel. Daraus ergeben sich Ansatzpunkte, um möglichst viele entscheidende Vorteile von Auto und Fahrrad in DaVe zu vereinen. Die Informationen zur Verkehrsmittelnutzung und die konkreten Wünsche der Teilnehmenden zur Nutzung von DaVe können nun in die weitere Entwicklung einfließen. Wie es mit DaVe weitergeht, können Sie auf unserer Webseite verfolgen.

Kontakt

Prof. Dr. Daniel Hanß
Dr. Helena Müller

Die Befragung in der Presse

Mit dem "Darmstadt Vehicle" zur Arbeit?
Beitrag im Darmstädter Echo (12.03.2021)

Befragung zu Mobilität in Region
Meldung im Dieburger Anzeiger (17.12.2020)

Umfrage zu Nahmobilität
Meldung in der Frankfurter Rundschau (14.12.2020)

Und wie sind Sie so unterwegs?
Beitrag im Darmstädter Echo (02.12.2020)

Innovative Nahmobilität: Neue Bürgerpanel-Befragung gestartet
Beitrag auf darmstadtnews.de (01.12.2020)