Befragungsergebnisse Wärmeversorgung

Neue Wege der Wärmeversorgung in Darmstadt und Umgebung

Von Mitte Februar bis Anfang April 2023 lief unsere Befragung zur Wärmeversorgung, an der sich 918 Personen beteiligt haben. Vielen Dank für die zahlreiche Teilnahme! Die Befragung entstand in Zusammenarbeit mit dem itp:ne Projekt zu interaktiven agentenbasierten Wärmenetzen.

Teilnehmende

  • Altersdurchschnitt: 51 Jahre
  • Altersspanne: 21-86 Jahre

Eine große Mehrheit der Teilnehmenden wohnt im Darmstädter Stadtgebiet – wie hier auf der Karte in türkis zu sehen ist. Die umliegenden Gemeinden sind weiterhin noch etwas weniger vertreten. Das monatliche Nettoeinkommen pro Haushalt ist bei den Teilnehmenden im Bundesvergleich leicht überdurchschnittlich.

Privatwohnungen zur Miete, Einfamilienhäuser im Eigentum

Über die Hälfte (59,3%) der Teilnehmenden sind Eigentümer:innen, die anderen sind Mieter:innen (41,4%) oder wohnen z.B. mietfrei bei Verwandten. Einige sind auch sowohl Eigentümer:innen als auch Mieter:innen (2,5%). Gemietet werden vor allem Privatwohnungen. Beim Eigentum zeigt sich ein etwas anderes Bild: Knapp der Hälfte der Eigentümer:innen gehört ein Einfamilienhaus (45,6%), etwa einem Drittel eine Privatwohnung (31,9%) und etwa einem Siebtel (13,6%) eine Doppelhaushälfte.

Bei dieser Befragung haben wir uns besonders – aber nicht nur – für das Gebiet interessiert, das auf der Karte abgebildet ist: das Darmstädter Johannesviertel. Von den Teilnehmenden besitzen 90 Personen in diesem Gebiet Eigentum oder mieten ein Objekt. Insgesamt haben sich 3 Personen für Unternehmen an der Befragung beteiligt, eines davon aus dem Johannesviertel. Hier besteht besonderes Potential, z.B. in Bezug auf die Nutzung von Abwärme oder Flächen.

Energetisch saniert mit neuen Fenstern und Dämmung

Wir haben außerdem gefragt, welche energetischen Sanierungsmaßnahmen bereits durchgeführt wurd en. Sowohl bei Mietobjekten als auch im Eigentum sind das v.a. eine Erneuerung der Fenster und eine Wärmedämmung der Außenfassade oder des Daches. Nur 8% der Mieter:innen gehen davon aus, dass die jeweiligen Eigentümer:innen in den nächsten 5 Jahren (weitere) energetische Sanierungsmaßnahmen durchführen werden. Allerdings kann mehr als die Hälfte (57,4%) der Mieter:innen dazu keine Angabe machen. Bei den Eigentümer:innen hat etwa die Hälfte (51,8%) keine konkreten Sanierungspläne, ein Viertel (25,0%) hingegen schon: auch hier v.a. eine Erneuerung der Fenster und eine Wärmedämmung von Außenfassade und Dach. Als wichtigste Vorteile von energetischer Sanierung sehen die Teilnehmenden geringere Energiekosten, den Nutzen für Umwelt und Klimaschutz sowie einen höheren Wohnkomfort. Als wichtigste Hemmnisse wählen die befragten Eigentümer:innen die Komplexität energetischer Sanierung, Handwerkermangel und Materialengpässe. Lösungsmöglichkeiten für diese Hemmnisse sehen die Teilnehmenden in kostenloser, unabhängiger Beratung zu individuellen Sanierungslösungen (z.B. durch Quartiersmanager:innen). Außerdem wünschen sich die Teilnehmenden bessere Förderbedingungen für energetische Sanierungen.

Heizen in Darmstadt und Umgebung

Die Befragung zeigt sehr deutlich, dass mit über der Hälfte (57,4%) die meisten Teilnehmenden mit Gas heizen. Mit nur knapp 7% folgen Öl und Fernwärme. Strom, Holz und Wärmepumpe sind deutlich seltener vertreten. Die meisten Eigentümer:innen (56,8%) planen keine Erneuerung ihrer Heizungsanlage in den nächsten 5 Jahren, wobei etwa ein Viertel (23,9%) ihre Heizungsanlage erneuern möchte.

Abwärmenutzung besonders gut bewertet

Wir haben die Teilnehmenden außerdem gefragt, wie sie die alternativen Energieträger Biomasse-Kessel, Luft-Wärmepumpe, Erdwärmenutzung, Abwärmenutzung und Solarenergie einschätzen. Dazu haben wir jeweils die Gegensatzpaare finanziell attraktiv – finanziell unattraktiv, zuverlässig – unzuverlässig und klimafreundlich – nicht klimafreundlich angeboten. Besonders gut schneidet dabei die Abwärmenutzung ab: diese schätzen Teilnehmende sowohl finanziell attraktiv, zuverlässig als auch klimafreundlich ein. Ähnlich positiv fällt das Urteil zur Solarenergie aus. Erdwärmenutzung und Biomasse-Kessel halten die Teilnehmenden für finanziell eher unattraktiv und den Biomasse-Kessel zusätzlich für eher nicht klimafreundlich.

Erneuerbare Energien nutzen – aber wie?

Wichtig war uns auch, herauszufinden, wie es um die Nutzung erneuerbarer Energien bestellt ist: werden sie bereits genutzt, können oder wollen sie nicht genutzt werden? Dabei zeigt sich, dass je ca. ein Viertel der Teilnehmenden entweder umsteigen möchte, aber noch keinen konkreten Plan dafür hat (22,0%) oder umsteigen möchte, aber glaubt, dass das für sie nicht möglich ist (27,0%). Jede zehnte Person (10,6%) nutzt zur Wärmeversorgung bereits erneuerbare Energien. Diejenigen, die umsteigen möchten, aber noch keinen konkreten Plan angegeben haben, würden mehrheitlich am liebsten auf Solarenergie umsteigen, gefolgt von Luft-Wärmepumpe und Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe.

Wärmenetze als Teil der Lösung

Ein weiterer wichtiger Teil der Befragung ist das Thema Wärmenetze. Hier zeigt sich, dass über die Hälfte der Teilnehmenden eine Wärmeversorgung durch ein Wärmenetz begrüßt (eher positiv: 25,1% oder positiv: 27,5%). Das begründen die Befragten mehrheitlich damit, dass sie dadurch einen Beitrag zum Klimaschutz erwarten und Wärmenetze für regional halten. Diejenigen, die Wärmenetzen eher negativ oder negativ gegenüberstehen, begründen das v.a. damit, dass sie vom Wärmeversorger unabhängig sein möchten und teilweise auch höhere Wärmekosten befürchten. Ein relevanter Anteil von ca. 16% ist aber auch noch unentschieden, d.h. hier fehlen vielleicht ausreichende Informationen, um das beurteilen zu können.

Genauer wollten wir noch wissen, wie die Eigentümer:innen zu Fern- und Nahwärmenetzen stehen. Dabei zeigt sich, dass deutlich geringeres Interesse am Anschluss an ein Fernwärmenetz (d.h. Versorgung mehrerer Stadtviertel über Rohrleitungsnetz mit Heiz-Wärme) besteht als an ein Nahwärmenetz (d.h. lokalere Wärmeversorgung via Leitungsnetz über zentrales Heizwerk oder Abwärme von gewerblichem Betrieb im eigenen Stadtviertel). Fast die Hälfte der Eigentümer:innen (44,1%) ist an einem Anschluss an ein Nahwärmenetz interessiert. Nach Fernwärme wurden nur diejenigen Eigentümer:innen gefragt, die nicht bereits mit Fernwärme heizen.

Recht groß ist das Interesse unter den Eigentümer:innen auch an einer gemeinschaftlichen Flächennutzung für die Wärmebereitstellung: über ein Drittel beantwortet die Frage nach einem Interesse daran mit eher ja (23,3%) oder ja (16,4%). Diejenigen, die zumindest teilweise Interesse an einer gemeinschaftlichen Flächennutzung angeben, haben wir gefragt, welche Wärmequellen oder Potenziale sie einbringen möchten. Es zeigt sich, dass 117 Personen Dachflächen zur Solarenergiegewinnung zur Verfügung stellen würden, 93 Personen bieten Flächen für Erdsonden an und immerhin 50 Personen haben Räume für Pufferspeicher. Schließlich wollten wir noch wissen, wie hoch das Interesse an einer aktiven Mitwirkung an der Wärmewende ist. Dabei geben 299 Personen an, dass sie mit anderen Interessierten aus ihrer Nachbarschaft prüfen möchten, ob gemeinschaftlich eine Wärmenutzung auf Quartiersebene organisiert werden kann. 212 Personen interessieren sich für die Gründung einer Energiegenossenschaft und 185 Personen interessieren sich für Prosuming (d.h. gegen Vergütung mit einem eigenen Wärmeerzeuger Wärme in ein Wärmenetz einzuspeisen).

Fazit

Die klimafreundliche Wärmeversorgung ist weiterhin ein hochaktuelles Thema, das viele Bürger:innen umtreibt. In Bezug auf energetische Sanierung wünschen sie sich unabhängige Beratung und möglichst passgenaue Lösungen – der Modernisierungskonvoi der Wissenschaftsstadt Darmstadt ist ein solches Angebot. Viele möchten auf erneuerbare Energien umsteigen, wissen aber nicht, in welcher Weise, oder glauben nicht, dass es für sie persönlich möglich ist. Auch hier können Beratungsangebote wie die ehrenamtliche Bürger:innensolarberatung in Darmstadt ansetzen. Großes Interesse besteht auch daran, sich an ein Nahwärmenetz anzuschließen. Außerdem gibt es großes Potential einer gemeinschaftlichen Flächennutzung zur Wärmeversorgung: hierfür stehen v.a. Flächen für Erdsonden und Wärmespeicher sowie Dachflächen zur Verfügung. Wir stellen die Ergebnisse der Bürgerpanel-Befragung auch Verantwortlichen in Stadt und Region zur Verfügung, damit die Einschätzungen und Wünsche aus der Bürgerschaft in den derzeit stattfindenden kommunalen Planungen Berücksichtigung finden können.

Kontakt

Prof. Dr. Daniel Hanß
Dr. Helena Müller

Die Befragung in den Medien

Wärmewende: Abwärme für das Johannesviertel in Darmstadt?
Beitrag im Darmstädter Echo (27.03.2023)

Wie heizt Darmstadt heute und in Zukunft?
Beitrag im Darmstädter Echo (15.02.2023)

Heizen mit Computer-Abwärme
Beitrag in der Frankfurter Rundschau (21.01.2023)